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Schulkultur, Geschlechtersegregation und Mädchensozialisation − Die Augsburger Mädchenschulen
(2002-2004)
Assoziiertes Projekt

Projektleitung: Prof. Dr. Leonie Herwartz-Emden Projekt-Homepage
Ausführlichere Darstellung
Mitarbeiter: Dipl.-Päd. Verena Schurt
Dipl.-Psych. Wiebke Waburg
Literaturliste

Ziel der Studie ist es, Ausrichtung und Qualität der Geschlechtersozialisation in den Intentionen und Bildungszielen – im Unterricht, der alltäglichen schulischen Praxis sowie auf der Ebene der kollektiven Orientierungen – in monoedukativen Schulen zu untersuchen.

Nach der fast vollständigen Umsetzung und mehr als dreißig Jahren Erfahrung mit Koedukation in Deutschland, wird im Projekt danach gefragt, was die Mädchenschule zur Mädchenschule macht und welche Qualitätsmerkmale eine «gute» Mädchenschule auszeichnen. Reproduziert diese Schulform die Geschlechterverhältnisse der Gesellschaft? Oder ist sie ein Schutzraum für Mädchen, der es ihnen ermöglicht, fern von Zwängen und Beschränkungen auf Grund ihrer Geschlechtszugehörigkeit ausgebildet zu werden?

Die Untersuchung verfolgt in einem komplex angelegten Design zwei Forschungslinien: den Kontext der geschlechtersegregierten Schule (1) in Bezug auf Thematisierungen/De-Thematisierungen von Geschlecht in der alltäglichen schulischen Praxis, (2) unter Berücksichtigung der Konzepte und Strategien der spezifischen Förderung von Mädchen, insbesondere im naturwissenschaftlichen Unterricht (Forschungslinie 1); sowie die kollektiven Orientierungen von Mädchenschulschülerinnen im Zusammenhang mit (1) dem Erleben/den Erfahrungen in der Mädchenschule an sich (bezogen auf den Unterricht, die Klassengemeinschaft, Beziehungen untereinander und zu den Lehrkräften etc.), (2) der «peer-group» und (3) den Entwicklungsaufgaben der weiblichen Adoleszenz (Forschungslinie 2).

Im Projekt wird vornehmlich mit qualitativen Erhebungs- und Auswertungsinstrumenten gearbeitet: Zentral sind ethnographische Unterrichtsbeobachtungen und Theoretisches Codieren nach Strauss/Glaser; das Gruppendiskussionsverfahren und die Dokumentarische Methode. Die Erhebungen der Forschungslinien 1 und 2 werden durch eine schriftliche Basisbefragung komplementiert. Das Forschungsinteresse der Befragung zielt auf die Einschätzung des sozialen Wohlbefindens der Schülerinnen von Mädchenschulen. Der Fragebogen wird an allen Mädchenschulen (8. und 11. Klasse) in Augsburg eingesetzt (ca. 1000 Schülerinnen). Die Vergleichsstichprobe wird in koedukativen Schulen erhoben (ca. 500 Mädchen).

Als erstes Fazit ist festzuhalten, dass der Mädchenschulkontext von den Mädchen als förderlich empfunden wird, dass aber die normativen Zwänge der Koedukation und des kulturellen Systems der Zweigeschlechtlichkeit auf vielfältigen Ebenen wirksam bleiben und insofern ihre Erfahrungen und Einschätzungen durch Widersprüche gerahmt sind.

In der momentan stattfindenden Forschungsphase wird die Vergleichsperspektive zwischen Mono- und Koedukation durch den Einbezug koedukativer Schulen eröffnet. Von den zu erzielenden Forschungsergebnissen wird, über die Mädchenschule hinaus, ein empirisch begründeter Erkenntnisgewinn über die Bildungsbedürfnisse und -situation von Mädchen erwartet – so dass sich Impulse für die zukünftige Schulentwicklung ergeben.